Alevilikte Inanç - Seyyid Hakkı sayfamızı önerelim ve yönlendirelim. Seyyid Hakkı, 1965 Dersim doğumlu ve Ehli Beyt yazarı, Seyyid Seyfettin Ocağı evlatlarındandır. Aşk ile Canlar...
Seyyid Hakkı
Seyyid Seyfeddin Ocağı

9- Der Weg der Aleviten -4


Der Weg der Aleviten -4


Die Vorfällen in Sivas (2. Juli 1993)
Wie die Aleviten auch heute an der Schwelle des 21. Jahrhunderts von fanatischen Scharia-Anhängern verfolgt, unterdrückt und sogar ungebracht werden, zeigen uns die Ereignisse in Sivas vom 2. Juli 1993. einige Zeitungsartikel der türkischen und deutsche Presse über diese Vorfälle seien hier angeführt:
Süddeutsche Zeitung, 13. 7. 93:

Die Dinge tun, die andere nicht tun.

Aziz Nesin, das Gewissen der Nation – Was im osttürkischen Sivas geschah:


Als wäre es des Unheils nicht genug: da starben in der osttürkischen Provinzstadt Sivas 36 (37) Menschen im Rauch und in den Flammen eines von fanatisierten Muslimen in Brand gesteckten Hotels; da wurde ein unbequemer Schriftsteller von der örtlichen Obrigkeit und der ihr hörigen Presse durch eine Hetzkampagne ohnegleichen zum Feigenblatt eines brutalen Überfalls. Unter den Todesopfern sind junge Mädchen, die zu einer Folkloregruppe gehörten, Troubadoursänger und Musiker. Es geschah während des Kulturfestivals einer Minorität, die ihres Schutzpatrons, des Dichters Pir Sultan Abdal, gedachte, der als Rebell gegen die osmanische Staatsgewalt im 16. Jahrhundert zum Tod verurteilt und gehängt worden war. Von den Medien wurde das Massaker ganz im Sinne der offiziellen Sprachregelung wiedergegeben als eine weitere „Affäre Rushdie“. Der Ablauf des Geschehens jedoch zeigt deutlich: Aziz Nesin wurde von der regionalen Presse und der lokalen Obrigkeit zum „Agent provocateur“ aufgeputscht in einem Konflikt anderer Art.

Sivas ist eine Hochburg des Fundamentalismus. Doch in Sivas leben seit Jahrhunderten auch viele Aleviten – Anhänger einer Sekte, die aus der Schia hervorgegangen ist und deren Mitglieder von vielen streng-orthodoxen Muslimen als Abtrünnige, Verräter oder gar Ungläubige betrachtet werden. Durch die Geschichte stigmatisiert als „Ketzer“ und Feinde des herrschenden Islam, wurden sie im Laufe der Jahrhunderte durch ständige Verfolgung in den Untergrund gedrängt. Nach kurzer Atempause unter dem Schutz des säkularen Staates Kemal Atatürks wurden die Aleviten Anatoliens in den siebziger Jahren wieder Opfer einer Hetzkampagne, die – angezettelt von den Muslimbrüdern – mit wachsender Islamisierung des Landes auch auf die Türkei übergegriffen hat. Zu den letzten großen Massakern war es im Jahre 1978 in den Städten Sivas, Çorum und Kahramanmaraş gekommen, bei denen Hunderte von Aleviten von fanatischen Sunniten gelyncht wurden.

Auch der gefeierte Dichter Pir Sultan Abdal war Alevit. Das Festival zu ehren des „poete Revolte“ war also ein Fest der Aleviten. Als religiöse verfolgte Minderheit bekennen sie sich zu den Prinzipien des Kemalismus – nämlich zu einem laizistischen Staat. Die fundamentalistische Obrigkeit der Stadt – allen voran ihr Bürgermeister, Mitglied der Refah Partisi (Heilspartei) Necmetin Erbakans, gehört zu den dezidierten Gegnern des Laizismus und des Kemalismus. Seit dem Militärputsch von 1980 kämpft seiner Partei um die Macht, kräftig unterstützt von Saudi-Arabien. Da die türkischen Aleviten traditionsgemäß Sozialdemokraten sind, waren unter den Ehrengästen des Festivals auch linksliberale Schriftsteller wie Aziz Nesin. Die Anwesenheit des „Teufels Nesin“ war insofern eine günstige Gelegenheit, den schwelenden Brand zu schüren, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: die linken Säkularisten und ihre Verbündeten, die alevitischen „Kerzer“, die Gegner der Scharia sind.

Präfekt und Polizeichef von Sivas wurden mittlerweile vom Innenminister entlassen. Temel Kahramanoğlu, der Bürgermeister, und das Stadtratsmitglied Cafer Erçakmak, der Aziz Nesins Rettung noch auf der Feuerleiter mit den Worten „rettet diesen Mann nicht, er ist kein Mensch, er ist ein Bestie“ zu verhindern suchte, sind vorübergehend beurlaubt. „Fahrlässigkeit im Verlauf der Unruhen“, heißt es in der offiziellen Begründung, mit der das eigentliche Geschehen sehr vage umschreiben, um nicht zu sagen verfälscht wird. Aziz Nesin nannte die Dinge kurz nach der Tragödie beim Namen: „Es war eine Konfrontation zwischen Islamisten und Aleviten. Wer das nicht begreift, ist entweder geistig behindert oder ein Staatsfunktionär.“ Doch dies ist nur der Tragödie erster Teil…
Erdmute Heller
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.07.1993:

Stadt der toten Dichter
Pir Sultan Abdal, Aziz Nesin und Fundamentalisten von Sivas
Das östliche von Ankara gelegene Sivas hat in der Türkei einen guten Namen. Jeder türkische Patriot denkt bei dieser Stadt an den „Kongress  Von Sivas“, auf dem im Herbst des Jahres 1919-in Konstantinopel-Istanbul regierte noch Sultan Mohammed VI. Vahidettin – der spätere Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk den Grundstein für die 1923 gegründete Republik legte. Doch seit dem jüngsten Massenmord an Schriftstellern, Volksdichtern und Verlegern wird Sivas für etwas anderes stehen; für Fanatismus und blindwütigen Glaubenseifer.

Sechsunddreißig Menschen kamen in den Flammen um oder erstickten, als islamische Eiferer das Hotel anzündeten, in dem die Besucher untergebracht waren, und anschließend sogar die Löscharbeiten verhinderten. Unter den Toten sind einige bekannte Volksdichter und Schriftsteller wie Asim Bezirci, Muhlis Akarsu uns Hasret Gültekin. Begonnen hatte die Aktion offenbar nach dem Freitagsgebet in drei großen Moscheen. Unklar ist, welche Rolle der Bürgermeister von Sivas, ein Mitglied der fundamentalistischen „Wohlfahrt - Partei“ Erbakans, bei den Unruhen gespielt hat; nach Zeitungsberichten soll er sich als Einpeitscher betätigt haben. In Sivas, so heißt es, hätten schon seit Tagen Eiferer gegen den Schriftsteller Aziz Nesin Front gemacht und auf Flugblätter gegen ihn gehetzt.

Viele in der Türkei und außerhalb hatten geglaubt, in der laizistischen Republik Atatürks sei so etwas nicht mehr möglich; doch die Ereignisse von Sivas sind nur der grausige Höhepunkt einer Kette von religiös motivierten Gewalttaten, die schon vor Jahren mit dem Anschlag islamischer Fanatiker auf den Verfassungsrechtler Muammer Aksoy begannen und sich später in Attentaten gegen andere Laizisten niederschlugen. Die Bekanntesten Opfer waren der Journalist Çetin Emeç, die Politikerin Bahriye Üçok, der Schriftsteller Turan Dursun, der führer ein staatlich besoldeter Müfti gewesen war, dann jedoch islamkritischer Bücher geschrieben hatte, und zuletzt der Journalist Uğur Mumcu.

Diesen Einzeltaten ist jetzt ein Massenmord gefolgt, der die Türkei an den Rand einer inneren Katastrophe bringt, zumal auch im Südosten das Kurdenproblem wieder eskaliert ist. Die Militärführung ist nach Sivas gereist.

Die türkischen Schriftsteller und Intellektuellen waren in Sivas zusammengekommen, um Pir Sultan Abdal zu feiern. Pir Sultan, der im sechzehnten, Jahrhundert in dieser Stadt lebte, ist bis heute einer der populärsten Volksdichter der Türkei. In seinen Versen Verband er die Einheitslehre der islamischen Tasavvuf-Mystik, wie sie zuvor schon der berühmte Sufi-Poet Yunus Emre und andere „Volkssänger“ (Ozanlar) thematisiert hatten, mit schiitisch-heterodoxen Ansichten auf dem Felde der Politik. Die Herschaft der sunnitischen Osmanen-Sultane wurde in den ersten Jahrhunderten der osmanischen Geschichte immer wieder durch religiöse Bewegungen mit sozialem Hintergrund herausgefordert, die unter schiitischem Vorzeichen standen und zum Teil auch vom Iran ausgingen.

Politische und soziale Unzufriedenheit äußerten sich religiös. Bis heute existiert neben dem orthodoxen Mehrheits-Islam in der Türkei auch eine schiitische Heterodoxie, die als Alevitentum bezeichnet wird. Die Alevis oder „Ali-Verehrer“, die in osmanischer Zeit auch mit dem einflussreichen Derwischen-Orden  der Bektaşi verbunden waren, haben immer die Scharia abgelehnt das kanonische gesetzt des Islam, das die Eiferer wieder einführen wollen, und freigeistigere Formen der Religion gepflegt. Ihrer Berührungsängste zu anderen Religionen waren geringer als bei den Sunniten.

In dieser Tradition gehört auch Pir Sultan Abdal. Der Dichter, dessen genaue Lebensdaten bis heute nicht gesichert sind, beteiligte sich an einem gegen den Sultan gerichteten, schiitisch inspirierten Aufstand der Kızılbaş oder „Rotköpfe“, wie man die Schiiten in die Osttürkei und in Iran damals nach ihrer Kopfbedeckung nannte, wurde von dem Gouverneur von Sivas, Hizir Pascha, ins Gefängnis geworfen, zum Tode verurteilt und schließlich hingerichtete. Die heutigen islamisch-konservativen Kreise in der Türkei sehen in Pir Sultans Werk, sofern sie es als Literatur schätzen, vor allem die mystische – religiösen Elemente, während Linke und Liberale sein politischen Engagement und die aus dem antinomistischen, gegen das Gesetz gerichteten Islam gespeiste religiöse Toleranz (hoşgörü, müsamaha) verehren. In diesem Jahrhundert haben die Aleviten, die zwischen fünfzehn und zwanzig Prozent der Türkischen Muslime ausmachen, immer die Reformen Atatürks verteidigt und sich gegen ei „Zurück zur Scharia“  gewandt, wie es fundamentalistischen Eiferern vorschwebt. Unter den Linken ist auch der Anteil der Aleviten immer hoch gewesen.

Lessing als Lehrer
Vor allem jedoch über Literatur sprach jetzt in Sivas auch Aziz Nesin, die wie in Wunder dem Brandanschlag entkam. Nesin, der achtundsiebzig Jahre alt, auch außerhalb der Türkei bekannte Satiriker, ist ein Linker. Er stellt sich in Sivas jedoch keineswegs als rüder Atheist vor (als solcher erscheint er nur den fundamentalistischen Eiferern),sondern würdigte voe allem die Toleranz der türkischen Volksmystik und ihrer Literatur (halk edebiyatı), der er selbst auch nacheiferte. Nesin hatfreilich in sofern anderer Vorstellungen von Koran und Religion insgesamt als seine eifernden Widersacher: er spricht ihnen das Monopol auf absolute Wahrheiten ab. Der türkische Satiriker, der seit Jahren mannhaft für den Laizismus streitet, hebt hervor, dass er auch Jesus, Buddha, Konfuzius und andere Religionsstifter und Lehrer der Moral schätzte.

Es ist ein Westlich-modernistisches, seit Lessing bekanntes „kritisches“ Verständnis von Religion, dem Nesin huldigt. Für Nesin ist auch der Koran als heilige Schrift nicht gegen jede historische Kritik gefeit.

So sind seine Worte zu verstehen, er sei kein Koran-Gleubiger. Auch dafür gibt es eine alevitische Tradition. Die türkische Aleviten haben immer wieder gegen die Sunniten vorgebracht, der Koran in seiner heute vorliegenden Form weiche von einem „Urkoran“ an. Nesin sagte in Sivas, die Worte des Korans seien „veraltet“ (eskimiş) und müssten aus ihrer Zeit heraus verstanden werden. Nesin ergreift freilich auch nicht Partei für die Aleviten, sondern sagte, die „tausend Jahre alten Streitereien zwischen Ali und Muawiya interessierten mich nicht“.

Redakteur als Ruhestörer
Doch für die Eiferer ist das schiere Gottlosigkeit, denn die Orthodoxie sieht im Koran das ewig ungeschaffene Wort Gottes. Sie nehmen den Dichter darüber hinaus übel, dass er die Übersetzung und Teilveröffentlichung von Salman Rushdies Roman „Die Satanischen Verse“ in seiner Zeitung „Aydınlık“ gefördert hat. Wegen ihr gab es seit Wochen Unruhe unter den Fundamentalisten, aber auch bei den Behörden, die das Blatt zeitweise verboten, Redakteure festnahmen. Nesin legte von Anfang an darauf wert, dass er Fragen von Religion und Staat anhand von Rushdies Roman diskutieren, nicht aber die Religion pauschal beleidigen wolle, wie ihm seine Gegner unterstellten. Was Rushdies Kritik an Nesin bedeutet hat, ist von außen schwer zu beurteilen. Hat er ihm nur aus Gründen der Taktik vorgeworfen, er habe sein Werk instrumentalisiert, oder glaubte er das wirklich? Nach Angaben verschiedener türkischer Zeitungen haben auch führende Repräsentanten der Regierung, die neue Ministerpräsidentin eingeschlossen. Aziz Nesin der „Aufwiegelung“ (tahrik) geziehen.

Dies zeigt ihre Unsicherheit. In der Türkei findet seit etwa zwei Jahrzehnten ein Kulturkampf zwischen Laizisten und dezidiert islamisch gesinnten Türken statt. Die Spannung werden größer. Einerseits zeichnet sich so etwas ab wie ein islamischer Pluralismus, andererseits werden die Anhänger der Scharia, deren Wählerpotential bei etwa fünfzehn Prozent liegen dürfte, immer militanter. Die Fundamentalisten werden getragen – und teilweise direkt gefördert – von islamischen Bewegungen, die sich auch außerhalb der Türkei im Aufwind befinden, so im Iran und Saudi-Arabien. Seit Jahren führen sie einen erbitterten Kampf gegen das staatliche Fernsehen, das ihrer Meinung nach nur Unmoral und Amerikanische Gesinnung verbreitete.

Umgekehrt hat der Staat seit dem Militärputsch von 1980 eine kaum verschleierte Islamisierung gefördert; damit konnte er zwar Disziplin und Ordnung wiederherstellen, schuf aber auch für die Predigten der Eiferer ein günstigsten Klima. Nicht zuletzt diese Ent-Laizisierung des Staates hat Aziz Nesin immer wieder angegriffen. „Einen solchen Tod hatte ich nicht erwartet“, sagt Nesin zu einem Freund, als er den Flammen von Sivas entkommen war. Noch lebt er.
Wolfgang Günter Lerch

„Cumhuriyet Hafta, stellte in ihrer Aussgabe vom 9.-15.7.1993 vier Ziele der Demonstranten in Sivas heraus:

1. Ziel der laizistische Staat
Die Demonstranten riefen Parolen wie „wir wollen Şeriat“ (Scharia), „Muslimische Türkei“, „Reißt die Götzenbilder nieder!“, „hier wird sie zerschlagen“.

2. Ziel Mustafa Kemal
Bei der Demonstration wurden die Kränze an der Atatürkbüste vor dem Kongreß-Museum zerrissen. Die Büste wurde gestützt und über den Boden geschleift. Soldaten haben die Büste gerettet.

3. Ziel Pir Sultan Abdal und die Aleviten
Die Verlegung des Pir Sultan Abdal-Festivals nach Sivas hat bei den Religiösen feindlichen Reaktionen ausgelöst. Das Denkmal des weltberühmten Volkssänger Pir Sultan Abdal war Ziel ihres Angriffs und wurde verbrannt.

4. Ziel des atheistische Gouverneur von Sivas
Der fünf seine kemalistischen Aktivitäten bekannte Gouverneur Ahmet Karabilgin hatte gerade erst seine Amtsgeschäfte aufgenommen. Bei der Eröffnung des Kongress – Museums gab es eine großer Feier.

Bei der Auswahl der Artikel aus der türkischen Presse wurde dem 3. Angriffsziel, Pir Sultan Abdal und die Aleviten, die Hauptaufmerksamkeit gegeben.

Aydınlık 5.7.1993

Ihr werdet unten bleiben
(….) Die Grundlagen für den von Schariaanhängern in Sivas begangenen Mord wurden schon 1989 gelegt, als nach dem Wahlsieg der Wohlfahrtspartei RP Temel Karamollaoğlu zum Bürgermeister gewählt wurde. Sivas ist eine der Provinzen, aus der sehr viele Alevi ausgewandert sind. Es heißt, dass die Auswanderung der Alevi, die sich im allgemeinen in den großenStädten wie Istanbul und Ankara niedergelassen haben, zum Wahlsieg der RP (Refah Partisi: Heilspartei)beigetragen hat. Mit dem Wahlsieg der RP begann der Druck auf die Alevibefölkerung. Auch die Linksorientierten Studenten der Sivas Republik-Universität wurden ständig verfolgt und Studentinnen ohne Schleier belästigt. Der Bürgermeister kam in der Presse der Aufwiegler zu Wort. Trotz aller Warnungen des Gouverneurs Ahmet Karabilgin sorgte Karamollaoğlu in einer Rede für ein Anheizen der Stimmung. Er sagt „Euer Glaubensfeldzug sei gesegnet…“46

Pir Sultan Abdal Kültür Sanat Dergisi, 8. August 1993:
Ali Balkıs, Chefredakteur des Pir Sultan Abdal Kültür ve Sanaat Dergisi (Pir Sultan Abdal Kultur- und Kunst-Zeitschrift) und Mitveranstalter des Pir Sultan Abdal-Kulturfestes, der das Masakler miterlebt hat, schilderte die Ereignisse wie folgt:

Liebe Freunde,
Die Wahrheit ist doch, man hat uns in Sivas verbrannt.

Nach Sivas sind diejenigen gekommen, die den alevitischen Volksdichter Nesimi gehäutet haben (14. Jh.), die den Philosophen Hallac-ı Mansur Blei in den Mund gegossen haben (9. Jh.), die Pir Sultan Abdal gehenkt haben (16. Jh.), die Kubilay mit einem Rebenmesser erstochen haben (1930) und die in Maraş 1978 schwangere Frauen erstochen haben.

Mit der Saz in der Hand, mit unseren Gedichten, ohne  Waffen, was können wir gegen diese fanatischen Gurus tun? Wir Volkssänger und Künstler sind weder Guerillas noch eine illegale Organisation. Wir sind eine offizielle Organisation, die sich an die Gesetze hält, die weder im Untergrund wirkt, noch bewaffnet ist. Wir haben das Pir Sultan-Fest nicht irgendwo gefeiert, sondern in seiner Heimatstadt Sivas.

Wir sind nicht nach Sivas gekommen, um seinen Tod zu rächen. Wir sind nicht rachsüchtig und wir hassen nicht. Wir wollten uns seiner erinnern und seine Gedichte, seiner Lieder, seine Lebensphilosophie unser Zeit nahebringen. Das konnten wir Dichter, Schriftsteller, Volkssänger tun. Wir taten es mit Theater, Semah-Tanz, mit Volkstanz und Cem-Feiern. Dazu waren keine Waffen nötig.

Tatsächlich ist Pir Sultan Abdal und sein Denken selbst die Waffe. Das haben wir zu spät verstanden und teuer bezahlt…. Aber wie konnten wir es wissen? Wir leben im 21. Jh.., sind Intellektuelle, sind Laizisten, Demokraten, haben den türkisch-kurdischen und den sunnitisch-alevitischen Gegensatz überwunden. Wir betrachten diese Unterschiede nicht als Trennung, sondern als Quelle der Reichtums…

…. Wir haben es mit eigenen Augen gesehen. Im Video haben wir es verfolgt, auf Fotos gesehen. Wir haben es gehört und verstanden. Und wir glauben es jetzt: die fanatischen Gurus haben uns mit Wissen des Staates, unter seinen Augen, seiner Kontrolle verbrannt. 33 wunderbare Menschen wurden uns genommen. Wir, die Lebenden, können uns unseres Lebens nicht mehr freuen. Wir schämen uns nur noch. Wir schämen uns darüber, dass wir Bürger eines Staates sind, der seine Dichter verbrennen lässt, ohne dagegen einzuschreiten, und dass wir Bürger des gleichen Staates sind, in dem Fanatiker mit dem Ruf „Ya Allah bismillah, Allah-ü ekber“ eine Statue von Pir Sultan Abdal vernichten….“

Im Hotel befanden sich Aziz Nesin, Cevat Geray, Arif Sağ, Lütfü Kaleli, Battal Pehlivan, Ali Balkız zusammen mit  an die 80 Wissenschaftler, Schriftsteller, Sänger/innen, Tänzer/innen. Draußen wurde das Hotel von tausenden von religiösen Fanatikern umstellt und mit Steinen beworfen. Obwohl die höchsten Stellen der Regierung informiert waren, wurde 7 Stunden lang nicht eingegriffen. Dann legten die fanatischen Scharia-Anhänger Feuer an das Hotel und töteten im Namen des Islams 37 Menschen auf bestialische Weise. Nach Sivas waren die Menschen gekommen, um Lieder zu singen, um zu tanzen, um Friedenstauben fliegen zu lassen. Wie traurig ist es, dass Menschenfeinde, Feinde von Frieden und Liebe, die Tauben getötet haben!

Im Feuer starben: Der Schriftsteller Asım Bezirci (1927), der Dichter Metin Altınok (1941), der Dichter Behçet Asyan (1949), der Dichter Uiur Kaynar (1956), der Karikaturist Asaf Koçak (1957), der Regisseur Erdal Ayrancı (1958), der Sänger Muhlis Akarsu (1948) und seine Frau Muhibe Akarsu, der Sänger Nesimi Çimen (1931), der Volksmusiker Hasret Gültekin (1965), die Volksmusikerinnen Edibe Sulari und Gülsüm Karababa (1971). Von einer Theater- und Tanz /semah) Gruppe: Serkan Doğan (1974), Muammer çiçek (1967), Inci Türk (1971), Yasemin Sivri (1974), Asuman Sivri (1977), Menekşe Kaya (1977), Koray Kaya (1981), Carina Cuanna (Holländerin), Özlem Şahin (1976), Nurcan Şahin (1975), Huriye Özkan (1971), Yeşim Özkan (1973), Handan Metin (1973), Sait Metin (1970), Belkis Çakır (1975), Serpil Canik (1974), Ahmet Özyurt (1972), Murat Gündüz (1971), Mehmet Atay (1968), Sehergül Ateş (1963), Gülender Akça (1968).

Eine Veröffentlichung Türkischer Intelletueller Über den Alevismus47
Diese Veröffentlichung dient dazu, die Situation und die Forderungen der Aleviten, die in der Türkei auch ein Teil des Islams sind, an die Öffetlickeit zu bringen.

Die Aleviten betrachten andere Religionen als „richtig, schön und Heilig“. Auf der anderen Seite erwarten sie von anderen Religionen dieselbe Toleranz. Für die Türkei wird es ein großer Frieden und eine Bereicherung sein, wenn der Alevismus bekannt gemacht wird….

Realitäten
In der Türkei leben 20 Millionen Aleviten.

Von fast 60 Millionen türkischen Einwohnern sind ca. 20 Millionen alevitische Muslime.

Alevismus ist, wie der Sunnismus, ein Teil des Islams. Er ist so alt wie der Sunnismus. Der Alevismus ist in der Türkei von seiner Religiösen, politischen, kulturellen und sozialen Seite her gesehen, eine Lebensform eines Teils der Bevölkerung. Als Kultur und Glaube führt er seine Existenz weiter. Sowohl in der Lehre als auch im praktischen Leben gibt es zwischen dem Sunni-Islam und Alevi-Islam bestimmte Unterschiede, obwohl beide Glaubensrichtungen dem Islam angehören.

Unser sunnitisches Volk weiß über den Alevismus nichts.
Die Sunnitischen Muslime, die in unserem Land die Mehrheit bilden, wissen über den Alevismus überhaupt nichts. Die Meinungsbildung dieser Gruppen besteht fast nur aus Vorurteilen, Aussagen und Verleumdungen. Die Verleumdungen, die zur Zeit des scheriatischen Reiches bestanden haben, existieren teilweise auch heute noch. Keiner kann für sich das Recht beanspruchen, den osmanischen Geist auch in unserer Zeit weiterleben zu lassen.

Das Präsidium für religiöse Angelegenheiten vertritt nur die sunnitische Seite.
Der Sunni-Islam, der in der Türkei die Mehrheit bildet, wird in der türkischen Republik öffentlich von diesem Präsidium vertreten.  In staatlichen Schulen wird durch Religions- und Ethikunterricht, in der Moschee durch den Vorbeter (Imam), der Sunni-Islam gepflegt und weitergeführt.

Die Existenz der Aleviten wird abgestritten.
Dagegen aber werden 20 Millionen Aleviten in der Türkei nicht anerkannt, sondern ignoriert. Der tatsächliche Beweis dafür ist, dass von Staatsorganen die gesamte türkische Bevölkerung als sunnitisch bezeichnet wird. („Wir sind Sunniten“, sagen sie). In wirklichkeit aber sind ein Drittel der türkischen Bevölkerung Aleviten.

Die Halbintellektuellen, die auch gegen den Alevismus sind, behaupten, der Alevismus sei gestorben. Damit unterstützen sie auch das osmanische Verhalten.

Es gibt auch einige, die studiert haben und sich zum Schein Aleviten nennen, um dieses osmanischen Verhalten zu unterstützen. Es gibt auch einige, die das Festhalten am Alevismus als rückständig bezeichnen. Mit diesem Verhalten und dieser Einstellung wollen sie den Alevismus verleugnen. Es darf aber nicht vergessen werden, dass, wenn der Alevismus nicht mehr existiert, dieser Platz von rückständigen osmanischen Köpfen eingenommen wird. In der Türkei haben sogar Christen und Juden ihre Gebetshäuser, aber die Aleviten entbehren das. Es gibt heutzutage keine einzige Institutionen, die die alevitische Kultur pflegt.

Glaubens- und Bekenntnisfreiheit ist ein fundamentales Menschenrechte
§ 9 der Internationalen Menschenrechte und § 24 des türkischen Grundgesetzes garantieren allen Menschen die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und der Weltanschauung. In unserem Land wurde zur Zeit der Gründung der Republik die offizielle Unterdrückung der Aleviten durch den Staat aufgehoben. Aber trotzdem besteht die soziale, psychologische, kulturelle und politische Unterdrückung auch heute weiter.

Wegen dieserUnterdrückung können die Aleviten von dem Gewissens-, Glaubens- und Bekenntnisrecht keinen Gebrauch machen. Die Aleviten müssen noch heute ihre alevitische Identität verbergen.

Die Aleviten haben immer die Reformen Atatürks unterstützt.
Ein wesentlischer Teil der politischen Kräfte, die die Republik unterstützt haben. Waren die Aleviten. Die Aleviten haben immer für die Reformen Atatürks Stellung bezogen. Aber ihre Probleme wurden während der Zeit der Republik nicht gelöst. Die Alevitischen Bevölkerungsgruppen  folgen dem Ziel einer modernen, demokratischen und freiheitlischen Türkei. Im Wahrsten Sinne treten sie für die Türkei ein.

Forderungen  

Es muss anerkannt werden, dass es eine Unterdrückung der Aleviten gibt.
Es gibt in der Türkei heutzutage eine soziale, kulturelle und psychologische Unterdrückung der 20 Millionen Aleviten, die schon aus Osmanische Zeit stammt. Die Zeit ist gekommen, dass man die Dinge beim Namen nennt.

Die Aleviten sollen sich ohne Scheu zum Alevismus bekennen können.
Die Alevitischen Bevölkerungsgruppen haben noch heute Angst, sich öffentlich zu bekennen. Das darf nicht so bleiben, weil der alevitische Glaube, wie andere Weltreligionen auch, heilig ist. Die Menschen dieser Gruppen sollen sich zum Alevismus frei bekennen können. Das ist ein fundamentales Menschenrechte.

Die sunnitischen Familien müssen ihre Meinungen über den Alevismus revidieren.
Die sunnitischen und Alevitischen Bevölkerungsgruppen sollen gemeinsam positive Gedanken entwickeln, um in der Türkei eine wohlhabende Gesellschaft aufzubauen. Die sunnitischen Familien sollen die Vorurteile über den Alevismus abbauen und auch anderen nicht erlauben.

Die negativen Gedanken, die in die Köpfe hineinprojiziert wurden, müssen verschwinden. Jeder Glaube, jeder Kultur soll den anderen respektieren nach dem Motto: „leben und leben lassen.“ Heute leben die Protestantische und Katholische Kirsche in Europa freundlich neben einander. Für die Türkei muss dieses Beispiel auch möglich sein.

Die Intellektuellen sollen die Existenz der Aleviten im Zusammenhang mit den Menschenrechten verteidigen.
Wie in jedem Land, so ist es auch in unserem Land erforderlich, dass die Intellektuellen die Verteidigung der Menschenrechte als ihre Aufgabe erkennen und sie wahrnehmen, bevor der Staat dieses tut. Die Intellektuellen sind ausgewählte Fachkräfte, die sich außer für ihre eigenen Fragen auch für allgemeine Probleme der Bevölkerung einsetzen.

Aus diesem Grunde müssen sie auch die Probleme der Aleviten sehen und gegen die Unterdrückung dieser Bevölkerungsgruppen auftreten. Es ist die Tatsache, dass es heute in unserem Land bedeutende Probleme der Menschenrechte und Fragen der Demokratie gibt. Eine der wichtigsten Fragen davon ist die Frage nach der Situation der Aleviten. Es ist die Aufgabe von Intellektuellen, Politikern, Arbeitgebern und Selbstständigen, die für eine Demokratie sind, sich auch für diese Frage einzusetzen.

Aleviten, die auf Grund der politischen Verhältnisse und der wirtschaftlichen Abhängigkeit ihre Identität verleugnen, sollen ihr Verhalten ändern. Neben den Intellektuellen sollen auch die Aleviten, die in gewissen Positionen tätig sind, sich ebenfalls mit dieser Problematik auseinandersetzen. Die Verantwortung für diese Problematik nur auf andere zu verlagern, ist nicht korrekt. Es ist ein fundamentales Menschenrechte, wenn man seine Identität offenbart. Die Abwertung dieser Identitätsbekennung durch „Konfessionalismus“ oder „Chauvinismus“ ist eine Respektlosigkeit gegenüber diesem fundamentalen Menschenrecht.

Die türkische Presse soll in ihren Publikationen  Stellung zur alevitischen Kultur beziehen.
Heute gibt es in der Türkei viele ausgewählte demokratisch und laizistisch denkenden Menschen, von Arbeiter bis zum Arbeitgeber, die innerhalb der Presseorgane stark zugenommen haben. Aber trotz dem kann man kaum etwas über die 20 Millionen Aleviten in der Presse in breitem Maße Möglichkeiten dazu gewährleisten. Heutzutage sind Probleme der Presse und der Aleviten fast ähnlich.

TRT (türkische Radio- und Fernsehanstalt) soll die Existenz der Aleviten auch berücksichtigen.
Die Sendung der türkischen Radio- und Fernsehanstalten beinhalten kaum etwas von der Existenz der Aleviten. Auch hier muss die Kultur der Aleviten berücksichtigt werden. Die verehrten Personen der Aleviten, die heiligen Tage der Aleviten, ihre Dichtungen, Musik und Folklore muss der Bevölkerung näher gebracht werden.

Im Präsidium für Religionsangelegenheiten müssen auch Aleviten vertreten sein.
Das Präsidium für Religionsangelegenheiten muss die Lehre der 20 Millionen Aleviten Offiziell anerkennen und innerhalb ihres Präsidiums Vertretern dieser Lehre die Möglichkeit zur Mitarbeit geben. In diesem Land bezahlen auch 20 Millionen Aleviten an den Staaten Steuern.

Aus dem Staatsbudget, das zu fast 1/3 von Aleviten getragen wird, werden jährlich Milliarden Lira für religiöse Angelegenheiten (für den Sunni-Islam) ausgegeben. Es ist falsch, wenn in einem laizistischem  Land Geld für religiöse Angelegenheiten nur für eine bestimmte Gruppe (Sunni-Islam) ausgegeben wird; auch die alevitische Bevölkerungsgruppe hat ein anrecht darauf, Geld zur Erhaltung und Pflege der alevitischen Kultur von diesem Staat zu erhalten.

Er soll auf Moschee-Bauten in alevitischen Dörfern verzichtet werden.
Das Präsidium für Religionsangelegenheiten versucht in letzter Zeit, in alevitischen Dörfern Moschee zu bauen und einen Imam (sunnitischer Geistlicher bzw. Vorbeter) einzusetzen. Da-mit hat man eine neue Unterdrückungsmethode entwickelt.

Es darf zu einer solche Gesinnung, die außer der eigenen keine weitere zulässt, nicht kommen und der Staat darf dies auch nicht unterstützen. Solche Vorgehensweisen müssen sofort gestoppt werden. Die Aleviten wollen in ihren Dörfern keine Moscheen, sondern Schulen und Kulturhäuser (Cem evi) haben.

Im Religionsunterricht und der Ethiklehre soll auch die alevitische Lehre vertreten sein.
Infolge des Zwangsunterrichts lernen die alevitischen Schüler und Schülerinnen nur die sunnitische Lehre und nichts ihre eigene. Aber dieser Art von Unterdrückung reicht noch nicht aus. Bei jeder Gelegenheit wird der Alevismus verleumdet und der jüngeren Generation wird eine Feindseligkeit gegenüber den Aleviten in die Köpfe gesät. Wir erwarten, dass das Kultusministerium das verhindert.

Dieser Vorgehensweise entspricht nicht der Religionsfreiheit und der Gewissenfreiheit, sondern zerstört den Gesellschaftlichen Frieden. Um dies zu verhindern, muss auch dem alevitischen Schüler die Möglichkeit gegeben werden, seine Lehre zu lernen. Deshalb muss in den Unterrichtsbüchern auch die Lehre des Alevismus enthalten sein.

Der Blickwinkel der Regierung  zu den Aleviten muss geändert werden.
Die negative Meinung, über die Aleviten verbreitet wird, beeinflusst auch Regierungsmitglieder. Sie übersehen die Aleviten und wollen ihre Existenz nicht wahrnehmen. Die Ministerien und Abgeordneten haben Angst, das Wort „Alevit“ in den Mund zu nehmen. In einer Multikulturellen Gesellschaft muss die Regierung eine Politik betreiben, die gegenüber jedem Glauben Respekt zeigt. Davon ausgehen ist es notwendig, dass die Regierung das Präsidium für Religionsangelegenheiten und das Kultusministerium neu Gestaltet.

Die Aleviten sind die Garanten des laizistischen Staates.
Der Alevismus ist als einzige Kultur mit Toleranz und Liebe aus den mittelalterlichen Kulturen bis heute erhalten geblieben.

Die Aleviten sind nach ihrer Tradition und Kultur ein tolerantes und fortschrittlich gesinntes Volk. Sie sind gegen Fanatismus. Sie sind Garanten für das laizistischen Staatssystem gegenüber einer theokratischen Staatsform.

Der Staat soll diese Garanten nicht unterdrücken, sondern Stärken. Die demokratischen, laizistischen Kräfte müssen dafür sorgen, dass die Annerkennung der Existenz der Aleviten durchgesetzt wird.

Die Geistlichkeit der Aleviten (Dedelik Kurumu) soll in zeitgenössischen Sinne reformiert werden.
Die Dede (alevitische Geistliche) haben Jahrhunderte sowohl als Lehrer, als auch als Geistliche und als Richter für die Aleviten gearbeitet. Diese Menschen haben die alevitische Kultur von Generation zu Generation übermittelt. Obwohl in unsere Zeit die sunnitischen Geistlichen, die in Moscheen und Schulen ausgebildet werden, vom türkischen Staat im gesamten Land für ihre Tätigkeit bezahlt werden, werden die alevitischen Geistlichen hingegen durch Unterdrückung in schwierige Situationen gebracht. Es sollen dem Dede gleiche Rechte und Möglichkeiten eingeräumt werden, um sich bilden und weiterbilden zu können.

Für die Aleviten im Ausland soll ein Sofortprogramm entwickelt werden.
Allein in der Bundesrepublik Deutschland leben heute ca. 350-400-Tausend alevitische Arbeitnehmer. die Aleviten im Ausland haben den großen Wunsch, ihren Kindern ihre Kultur zu vermitteln, aber es wird gegenüber den offiziellen sunnitischen Programmen keine Alternative angeboten. Damit wird die jüngere Generation in eine kulturelle Leere geschoben.

Für die Aleviten im Ausland sind Kulturprogramme, die den Alevismus bekannt machen, erforderlich und für alevitische Kinder ist der Unterricht zu diesem Thema notwendig. Wenn der Staat sunnitische Geistliche ins Ausland entsendet, dann muss er gleiches auch für die Aleviten gelten lassen. Wie die Türkei, so ist es auch im Ausland undenkbar, dass sunnitische Geistliche (Imam) Aleviten betreuen. Es muss schon Akzeptiert werden, dass die Aleviten von eigenen, ausgebildeten Geistlichen betreut werden wollen.

Alevismus hat mit dem heutigen Iranischen Schiismus überhaupt nichts zu tun.
Diejenigen, die gegen die Aleviten eingestellt sind, versuchen mit ihren traditionellen Verleumdungen die Aleviten mit iranischer Mullah-Gesinnung zu vergleichen. Das ist falsch. Weder in der Philosophie noch in der praktischen Lebensauffassung hat der Anatolische Alevismus mit dem iranischen Schiismus Parallelen. Die Grundprinzip des Alevismus beruht auf Toleranz, auf Menschenliebe und Respekt vor allen Lebewesen und Eintritt gegen Gewalttätigkeit. Diejenigen, die die Iran-Mullah unterstützen, sind die gleichen Reaktionäre. Die Aleviten sind demokratische, nicht reaktionäre Kräfte. Das war früher so und ist es auch heute noch.

Schlußbetrahtung
Die Türkei ist kein einheitlicher Kulturstaat, sondern setzt sich aus vielen verschiedenen Kulturen zusammen. Das ist eine Bereicherung für unsere Land. Es führt die Menschen als Individuen in eine demokratische, tolerante und humanistische Überzeugung, wenn alle diese Kulturen sich öffentlich darstellen können. Das ist der Wunsch aller Menschen dieser Erde.

Die Alevitische Kultur, die im Grunde auf Liebe und Frieden basiert, wird überhaupt nicht unterstützt. Um diese humanistische Kultur zu bewahren und zu pflegen, ist eine Zusammenarbeit zwischen Regierung und Intellektuellen notwendig.

Wir wünschen, dass die Politiker ihre Versprechungen über die Respektierung der Glaubens- und Meinungsfreiheit einhalten. In diesem Zusammenhang erwarten wir als demokratische Intellektuelle die Unterstützung der gesamte türkischen Bevölkerung.

Schriftsteller: Yaşar Kemal
Schriftsteller-Journalist: Ilhan Selçuk
Prof. Dr.: Berker Yaman
Prof. Dr.: Kıvanç Ertop
Schriftsteller-Journalist: Rıza Zelyut
Schriftsteller-Journalist: Atilla Özkırımlı
Schriftsteller-Journalist: Ilhami Sosyal
Schriftsteller: E. Galip Sandalcı
Schriftsteller: Bekir Yıldız
Schriftsteller: Erdal Atabek
Schriftsteller:Vedat Günyol
Ansager: Mesut Mertcan
Schriftsteller: Cengiz Bektaş
Schriftsteller:Recep Bilginer
Schriftsteller: Aziz Nesin
Künstler: Zülfi Livaneli
Schauspieler: Tarık Akan
Schriftsteller Doz. Dr.: Çetin Yetkin
Schriftsteller: Ataol Behremoğlu
Journalist- Schriftsteller: Seyfettin Turhan
Journalist: Musa Ağacık
Journalist- Schriftsteller: Süleyman Yağız
Rechtsanwalt: M. Naci Orhan
Schriftsteller: Nejat Birdoğan
Rechtsanwalt: Cemal Özbey
Schriftsteller: Battal Pehlivan
Künstler: Müjdat Gezen
Schriftsteller: Lütfi Kaleli
u.a. 

Fußnoten:
46. Übersetzung u. Zusammenfassung: Svea Wülfing (Köln).
47. Diese Veröffenlichung wurde im März 1989 in der Türkei von fast 120 Intellektuellen unterschrieben. Tütk. Ausgabe, Rıza Telyut: Öz Kaynaklarına göre Alevilik, 2. Baskı 1990. s. 295 ff.

Buch: Der Weg Der Aleviten
Autor: Ali Duran Gülçiçek
Abgeschrieben: Seyyid Hakkı

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