die Liebe und die Toleranz im Alevitentum
Weswegen sind die Liebe und die Toleranz im Alevitentum so zentral?
Für das Alevitentum ist die Menschenliebe gleichbedeutend mit der Liebe zu Gott. Deshalb sind Liebe und Toleranz Grundbegriffe dieses Glaubens. Man sagt sogar, dass die Liebe zum Menschen eine Form der individuellen Gebetsausführung ist.
Der Mensch soll sich Gott nicht in Furcht, sondern durch Liebe nähern. Die Liebe zu Gott streckt sich durch die komplette Lehre dieses Glaubens. Die Vereinigung des Menschen mit Gott kann nur durch das Wachsen des inneren Reichtums geschehen. Das wiederum ist nur auf dem Wege der Tugend und der Toleranz möglich. Man soll nichts Schlechtes über andere denken, nie einen anderen Menschen verletzen und nie seine Hand nach etwas ausstrecken, das einem anderen zusteht.
Auch gibt es im Alevitentum keine Form der Diskriminierung im Hinblick auf die Religion, Sprache oder der ethnischen Herkunft anderer. Beim Alevitentum ist Liebe und Toleranz mit dem Ideal und dem Glauben verbunden, eine alle Menschen der Welt vereinigende und universale Bruderschaft zu schaffen.
Ein Mensch, der sich der Liebe und Toleranz widmet, ergibt sich damit auch Gott. Die Toleranz ist ein Ausdruck der Persönlichkeit, ein Ausdruck seines Herzens, durch den der Mensch charakterisiert werden kann. Allerdings kann dieser Schriftzug des Herzens nur von solchen Menschen entziffert werden, die selbst diese Schrift lesen können. Mit anderen Worten: Nur Menschen, die selbst von toleranter Natur sind, können wissen, was Toleranz ist. Um zum vollkommenen Menschen (İnsan-i Kamil) werden zu können, muss man sich der Liebe und der Toleranz ergeben.
Sehr oft wird Mohammed Ali Hilmi Dedebaba (s. Antwort 23) hierzu angeführt, der sagte, dass man alle Völker mit dem gleichen Auge betrachten solle. Aleviten stufen jedes Volk, jede Religion gleich ein und setzen sich selbst in diese Reihe, ohne sich hervorzuheben.
Yunus Emre, einer der bedeutendsten anatolischen Dichter, dessen religiöse Anschauung klar dem Aleviten-Bektaschitentum zuzuordnen ist, sagte in Bezug zur Toleranz und zur Weltoffenheit folgendes:
Unser Name ist Bescheidenheit,
Unser Feind ist der Hass,
Wir hassen niemanden,
Die Welt ist für uns Eins.
Dieser sehr häufig verwendete Vierzeiler Yunus Emres verdeutlicht sehr gut, dass Aleviten keine Unterschiede bei Menschen machen. Zudem beschreibt die Strophe, dass Aleviten keine Form des Hasses dulden und stets bescheiden leben sollen
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